June 12, 2025

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Einleitung

§ 250 BauGB bestimmt, daß Landesregierungen Gebiete ausweisen können, in denen die Aufteilung von Gebäuden in Wohn- oder Teileigentum genehmigungsbedürftig ist. Der Genehmigungsvorbehalt gilt also nicht bundesweit, sondern nur dort, wo die jeweilige Landesregierung es bestimmt hat. Das Gesetz ist (zunächst) auf eine Laufzeit bis zum 31.12.2030 beschränkt, aber ein Gesetzentwurf für eine Verlängerung liegt bereits vor (siehe hier).

Aus juristischer Sicht ist der Umgang mit § 250 BauGB verwirrend. Der Grund ist, daß nach dessen Absatz 4 eine "Genehmigung nur versagt werden [darf], wenn dies für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnraum erforderlich ist". Problematisch daran ist, daß das genau genommen nie der Fall ist. Nur weil ein Hauseigentümer das Haus in Wohnungen aufteilt, ändert sich erst einmal nichts. Vorher war er Eigentümer aller Wohnungen, hinterher ist er es auch. Nur die Grundbuchstruktur des Hauses ist hinterher anders. Dadurch verschwindet keine einzige Mietwohnung. Wie kann da die Versagung einer Aufteilungsgenehmigung "erforderlich" sein, damit sich nichts ändert?

Man könnte argumentieren, daß durch die Aufteilung die Wohnungen handelbarer werden. Wenn jemand kauft, weil er selbst einziehen will, dann wird er den Mieter kündigen und eine Mietwohnung "verschwindet". Das ist aber nicht zutreffend. Wie ich in dem letzten Beitrag dargelegt habe, erhöht sich der Kündigungsschutz des vorhandenen Mieters, so daß eine Aufteilung kraft Gesetzes zu einem stärkeren Mieterschutz führt als keine Aufteilung. Man kann den Mieter eben 10 Jahre lang ab Erstverkauf nach Aufteilung nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. Also kauft sie kein Selbstnutzer, sondern allenfalls ein Kapitalanleger. Für die Existenz von Mietwohnraum ist es egal, ob ein großer Kapitalanleger (= der Hauseigentümer) oder ein kleiner Kapitalanleger (= der neue Wohnungseigentümer) sie vermietet.

Dagegen könnte man sagen, daß man nicht sicher weiß, ob sie wirklich ein Kapitalanleger kauft. Vielleicht kauft sie auch ein Selbstnutzer, der dem Mieter dann so viel Geld bezahlt, wie es nötig ist, damit dieser auszieht. Dann würde der Eigentümer einziehen und dann wäre es keine Mietwohnung mehr. Hierzu muß man zweierlei fragen. Erstens: besteht diese Gefahr wirklich so sehr in der Breite, daß dadurch die "Versorgung der Bevölkerung" mit Mietwohnraum gefährdet werden kann? Dazu müßten ja zehntausende neue Wohnungseigentümer ebenso vielen Mietern so hohe Geldbeträge anbieten, daß diese tatsächlich ausziehen bereit sind. Ist das ein realistisches Gefährdungspotential für eine "Bevölkerung" und wäre dies außerdem so gefährlich, daß man das unbedingt verhindern will? Für wen? Und zweitens: was genau verschwindet dann? Wenn der Mieter auszieht und der Eigentümer selbst einzieht, zieht der Eigentümer woanders aus und dann steht diese andere Wohnung zur Vermietung oder für einen anderen Eigentümer zur Verfügung, der seinerseits dann woanders auszieht usw. Ist es "erforderlich" im Sinne des Gesetzes, das zu verhindern? Worin liegt der Mehrwert für den Wohnungsmarkt insgesamt?

Hiergegen könnte wiederum argumentiert werden, daß manche Eigentümer eben nicht woanders ausziehen, sondern die Wohnung zusätzlich nutzen wollen, zum Beispiel für den erwachsen gewordenen Sohn, der nun in Berlin studieren will und dafür eine Wohnung benötigt. Dann wird woanders nichts frei und der Markt für Wohnraum wird enger. Das ändert sich durch das Aufteilungsverbot aber nicht: wenn der Sohn nicht in die eigene Wohnung einziehen kann, muß er sich irgendwo was mieten, was wiederum anderen Mietern nicht zur Verfügung steht. Die "Gefahr", wenn man so will, liegt also nicht in der Eigentümerstruktur, sondern im Fehlen von Wohnraum bei entsprechend hoher Nachfrage.

Das Gesetz kann sein erklärtes Ziel definitionsgemäß also nicht erreichen. Die Aufteilung oder Nichtaufteilung von Häusern ändert nicht die Anzahl der nutzbaren Wohnungen in einer Stadt. Also kann sie keinen Unterschied machen. Das bedeutet, daß ein Aufteilungsverbot nicht "erforderlich" sein kann, um den Verlust von (Miet-)Wohnraum zu verhindern.

Ein Aufteilungsantrag müßte daher kraft Gesetzes immer genehmigt werden. Wird er aber nicht. Das führt zu Aufwand und Verfahrenslaufzeiten und sicherlich auch einer gewissen Vorab-Resignation bei den Eigentümern, die das dann einfach nicht machen. Der Sprachgebrauch, das ganze "Aufteilungsverbot" zu nennen, gibt recht gut wieder, wie die Vorschrift in der Praxis empfunden wird - eben nicht als "Genehmigungsvorbehalt", sondern als mehr oder weniger willkürliches Verbot.

Verhältnis zu Milieuschutz

Bevor das "Aufteilungsverbot" eingeführt wurde, kannten wir die Mechanik des Genehmigungsvorbehalts für Aufteilungen bereits aus § 172 BauGB. Zu diesem schreibe ich einen separaten Beitrag. Vorliegend sei nur gesagt, daß die dortigen Regeln keine Anwendung finden, wenn nach § 250 BauGB ein Genehmigungsvorbehalt besteht (siehe dort in Absatz 7). Anwendbar ist § 250 BauGB auf Gebäude mit mehr als 5 Mietwohnungen (wenn die Grenze durch die Landesregiserung nicht anders festgelegt wurde). Liegt ein Gebäude mit 5 oder weniger Wohnungen in einem Milieuschutzgebiet, muß nach dessen Regelungen eine Genehmigung eingeholt werden. Hat es mehr als 5 Wohnungen, kommt es allein auf § 250 BauGB an.

Genehmigungsanspruch

In Absatz 3 des § 250 BauGB gibt es einen Katalog von Sachverhalten, bei denen eine Genehmigung zwingend erteilt werden muß: wenn

1. das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll,
2. das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
3. das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll,
4. auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist oder
5. ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist.

Ziffer 5 betrifft Fälle, in denen vor Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2021 bereits eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen wurde. Mittlerweile hat die Ziffer keine praktische Relevanz mehr.

Ziffer 4 ist eine Generalklausel, die dazu beitragen soll, das Gesetz als noch verfassungskonform zu betrachten. In der Praxis dürfte es nicht möglich sein, das Vorliegen dieser Voraussetzungen gegen den Willen einer Behörde, die nicht genehmigen will, nachzuweisen.

Damit bleiben Ziffern 1 bis 3 für die Praxis. Nach allem, was ich dazu bislang mitbekommen habe, muß man sie (jedenfalls in Berlin) restriktiv auslegen. Die Ausgangslage ist, daß die Behörde eine Genehmigung nicht erteilen möchte. Schon nach Absatz 4 wäre sie dazu m.E. verpflichtet (siehe Einleitung), genehmigt aber nicht. Also genehmigt sie auch nach Ziffern 1 bis 3 nicht, jedenfalls wenn es sich irgendwie vermeiden läßt.

Nach Ziffer 1 ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn der Eigentümer des Hauses verstorben ist und mehrere Erben hinterlässt. Wenn diese die Wohnungen unter sich aufteilen möchten, muß es möglich sein, die Wohnungen rechtlich durch Aufteilung zu verselbständigen, eben um sie verteilen zu können. Das bedeutet aber nicht, daß die Erben alle Wohnungen in einzelnes Wohneigentum aufteilen können, sondern nur in so viele Blöcke, wie es Erben gibt. Für eine Weiterunterteilung besteht für die Aufteilung des Erbes kein Anlaß.

Nach Ziffer 2 ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn eine Wohnung innerfamiliär veräußert werden soll, freilich "zur eigenen Nutzung". Das limitiert die Aufteilung auf zwei Blöcke: die zu veräußernde Wohnung einerseits und alle übrigen im Haus als ein Block andererseits.

Die Weiterunterteilung bedarf nach § 250 Absatz 1 BauGB übrigens ebenfalls eine Genehmigung, d.h. Sie können sich nicht schrittweise voranarbeiten.

Nach Ziffer 3 ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn die Wohnungen "an mindestens zwei Drittel der Mieter" veräußert werden "soll". Das interpretieren die Behörden unterschiedlich: einige stellen darauf ab, wie viele Wohnungen es im Haus gibt. Bei 12 Wohnungen müssen mindestens 8 an Mieter veräußert werden. Andere rechnen gemäß dem Gesetzeswortlaut mit der Zahl der Mieter: bei 30 Mietern müssen Sie an mindestens 20 verkaufen, auch wenn diese 20 zusammen nur 5 Wohnungen anmieten und das nicht 2/3 der Wohnungen sind.

Auch bei dem Wort "soll" gehen die Vorstellungen auseinander; restriktiv betrachtet müssen Sie vielleicht von 2/3 der Mieter notariell verbindliche Ankaufsangebote vorliegen haben, um einen Aufteilungsantrag zu stellen. Das ist freilich problematisch, weil die Bindungsfrist für Verbraucher nicht lang sein kann, zwei bis drei Wochen vielleicht. Es ist zudem fraglich, ob ein Mieter ein notariell bindendes Ankaufsangebot unterbreitet, bevor er eine Finanzierung (d.h. einen Darlehensvertrag unterzeichnet) hat. Er wird aber keinen Darlehensvertrag unterzeichnen, der ihn zur Abnahme eines Darlehens verpflichtet, wenn er nicht sicher weiß, ob er die Wohnung damit auch kaufen und das Darlehen abrufen kann; das kann er nicht wissen, weil es davon abhängt, wie viele andere Mieter im Haus ebenfalls mitmachen.

Zusätzlich zum Gesetzeswortlaut verlangen in Berlin jedenfalls einige Bezirksämter den Nachweis, daß die Mieter im aufzuteilenden Haus polizeilich gemeldet sind, also dort selbst wohnen. Das steht nicht in der Vorschrift. Es können auch juristische Personen Mieter sein, etwa eine Tochtergesellschaft der Eigentümergesellschaft, die ihrerseits untervermietet. Hat diese das ganze Haus angemietet, dann kaufen 100% der Mieter, wenn sie das Haus der Muttergesellschaft in Form von Eigentumswohnungen abkaufen möchte. Sie sehen, der Gesetzestext ist nicht wasserdicht, deshalb wird er durch Auslegung in der Verwaltungspraxis mit ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen ergänzt.

Durchprozessiert ist das alles noch nicht, dazu sind die Vorschriften zu jung. Das Gesetz trat im Juni 2023 in Kraft und sollte nur bis Ende 2030 gelten - zu kurz, um eine umfassende Befassung der Gerichte durch die Instanzen hinweg zu bewirken. Viele Eigentümer gingen zudem davon aus, daß es Ende 2030 ausläuft und sie dann wieder aufteilen können. Man dachte, daß sich das mit etwas Geduld von selbst wieder erledigt. Allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, daß das vielleicht nicht so ist. Wir kennen das aus dem Milieuschutz und der Mietpreisbremse. Einige Milieuschutzgebiete gibt es "temporär" seit über 30 Jahren. Früher nannte man einen solchen Zeitraum "eine Generation".

Fazit

Wer sein Haus aufteilen möchte, sollte sich durch das Genehmigungserfordernis des § 250 BauGB nicht abhalten lassen. Neben vorgenannten Argumenten gibt es die Möglichkeit, die Teilungserklärung so auszugestalten, daß sie die gesetzgeberischen Ziele adressiert und die Genehmigungsfähigkeit fördert. Wird die Genehmigung von der Behörde versagt, kann dagegen geklagt werden. Im Verwaltungsgerichtsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Kann die Behörde nicht nachweisen und/oder das Gericht nicht feststellen, daß das Verbot Ihrer Aufteilung "erforderlich" ist, um die "Versorgung der Bevölkerung" mit Mietwohnraum zu gewährleisten, muß die Genehmigung erteilt werden.

Als Notariat können wir die Teilungserklärung beurkunden und den Genehmigungsantrag für Sie bei der Behörde stellen. Sollte ein Gerichtsverfahren notwendig werden, können wir Sie dabei zwar nicht unterstützen, jedoch Kontakt zu entsprechend spezialisierten Anwaltskollegen herstellen. Bei positivem Verfahrensausgang übernehmen wir wieder für den Grundbuchvollzug.

Tobias Scheidacker
Notar

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