December 4, 2025

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Allgemein

herrscht ja das Bild vor, der Notar habe ein Vertragsmuster und er braucht es nur aus der Schublade ziehen. Für einige grundlegende Aspekte eines Kaufvertrags - die Vertragsmechanik, insbesondere die Abwicklung im Anschluß an die Beurkundung - mag das zutreffen. Im übrigen sind die Verträge aber immer mehr oder weniger individuell. Ganz besonders gilt das bei größeren Objekten, die jedes eine eigene Historie, eigene bauliche Besonderheiten und ihre ganz spezielle Mieterschaft haben und bei denen auch auf Seiten der Vertragsparteien in der Regel fallspezifische Details zu berücksichtigen sind.

Das führt dazu, daß die Kaufverträge für Mehrfamilienhäuser am Ende immer juristische "Handarbeit" werden. Ich mag das sehr: jeder Fall ist anders und immer wieder ist meine notarielle Kompetenz gefragt, etwa bestimmte Strukturen vorzuschlagen oder einzelne Inhalte so zu formulieren, daß sie zu den Zielvorstellungen von Käufer und Verkäufer passen.

Besonderheiten betreffend den Käufer

Zur Zeit kaufen Privatpersonen eher selten Mietshäuser, jedenfalls nicht in Berlin, eher noch im Umland. Käufer sind idR. Profis, die nicht privat kaufen, sondern mit einer frisch gegründeten Objekt-GmbH, nicht selten mit einer Holding als Gesellschafter. Die Finanzierung eines Ankaufs wird mitunter erst nach der Beurkundung des Kaufvertrags angegangen, so daß eine längere Kaufpreisbelegungsfrist von 6 Wochen bis 3 Monate gewünscht wird, um die Bearbeitungszeit der Banken abzufedern. In der Zwischenzeit kommt in Betracht, privates Kapital von dritter Seite (Mezzaninkapital) einzuwerben, in Form von Beteiligungen an der Käufer-GmbH oder über nachrangige Darlehen (oder beides).

Damit die Dinge alle zeitgerecht funktionieren, bin ich als Notar gefordert, jeweils zügig Entwürfe zu liefern und Beurkundungstermine zu ermöglichen, die sich an den Verhandlungen der Parteien orientieren. Dabei ist hier einiges zu tun, z.B.

- die Gründung der Objekt-GmbH,
- der Kaufvertrag für die Immobilie,
- der Anteilskaufvertrag an der GmbH mit dem späteren Kreditgeber,
- ggf. begleitende Verträge (z.B. Treuhandvertrag, Darlehensvertrag, Satzungsänderungen, die Handelsregisteranmeldung eines weiteren Geschäftsführers u.ä. - auch wenn nicht alles davon beurkundungsbedürftig ist, wird die notarielle Form doch oft gewünscht),
- die Grundschuldbestellung(en), wenn der Bankkredit unterzeichnet ist.

Wenn dem Verkäufer der Erwerb durch eine frisch gegründete GmbH suspekt ist, wird manchmal eine substantielle Anzahlung auf Notaranderkonto gewünscht, manchmal vor Beurkundung, meist binnen einer definierten kurzen Zeit danach. Die Anzahlung dient dem Verkäufer als Beleg für die Seriösität und die ernsten Absichten des Käufers, insbesondere wenn sie als Schadensersatz verfallen soll, falls der Kaufvertrag rückabgewickelt wird, weil der Käufer nicht zahlt. Das erfordert von Seiten des Notariats eine entsprechende Vertragsstruktur und die Eröffnung eines Treuhand-Bankkontos.

Und dann kommt es darauf an, was der Käufer mit der Immobilie vor hat. Soll sie aufgeteilt, ggf. modernisiert und die Eigentumswohnungen abverkauft werden, wird der Finanzierungskredit mglw. darauf abstellen. Dann kann es sein, daß die finanzierende Bank zumindest den Entwurf einer Teilungserklärung sehen will, bevor sie den Kreditvertrag unterzeichnet. Manchmal gibt es schon einen alten Aufteilungsplan, der vom Voreigentümer nicht umgesetzt wurde, auf dieser Basis entwerfe ich für den Käufer dann eine Teilung.

Besonderheiten betreffend den Verkäufer

Gehört die Immobilie bislang einer Privatperson, ist es gar nicht so selten, daß diese darin auch wohnt und/oder ein, zwei Wohnungen von Familienmitgliedern genutzt werden. Wir hatten auch schon den Fall, daß das bei Verkauf noch nicht der Fall war, aber der demnächst in Berlin studierende Enkel die Option behalten sollte, in eine der Wohnungen künftig noch einzuziehen. Auf Verkäuferseite geht es also gelegentlich um die Frage, in welchem Umfang der Verkäufer selbst bzw. seine Familie in dem Haus wohnen bleiben kann und will und zu welchen Konditionen.

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. In Betracht kommt z.B. ein simpler Mietvertrag, ggf. mit der Besonderheit der Unkündbarkeit wegen Eigenbedarfs. Dann kann der Verkäufer gegen Mietzahlungen wohnen bleiben, bis er das nicht mehr will und selbst kündigt. Man kann das mit einem Ankaufs- oder Vorkaufsrecht für die eigengenutzte Wohnung kombinieren für den Fall der späteren Aufteilung des Objekts durch den Käufer oder einen Nachfolgeeigentümer. Es können auch Wohn- oder Nießbrauchsrechte - betreffend einzelne Wohnungen, auch eines ungeteilten Hauses - bestellt werden.

Letztlich ist das eine Preisfrage. Jede Weiternutzung von Teilen des Objekts durch den Verkäufer zu günstigen Konditionen und jeder Vorbehalt von Rechten vermindert den wirtschaftlichen Wert auf Käuferseite. Solche Bedürfnisse sind also kein K.O.-Kriterium für den Kaufvertrag, sondern lediglich eine Aufgabe, nämlich sich preislich so einig zu werden, daß es für beide Seiten passt.

Besonderheiten des Objekts

Dieser Punkt ist aus notarieller Sicht weniger kompliziert. Ich nehme die Informationen auf, die ich von den Parteien erhalte. Ich weise darauf hin, daß relevante bauliche Umstände verkäuferseits offengelegt werden müssen, insbesondere wenn sie nicht ohne weiteres sichtbar sind. Die meisten Käufer sind bei der Objektprüfung jedoch schon von sich aus sehr gründlich, und die meisten Verkäufer sagen von sich aus, wenn die Baugenehmigung für den Dachgeschoßausbau fehlte oder früher eine Tankstelle auf dem Grundstück stand.

Manchmal wird käuferseits gewünscht, eine Preisanpassungsklausel bei Flächenabweichung zu vereinbaren. Das ist verständlich, wird der Kaufpreis doch idR. in Euro pro qm berechnet. Es zwingt den Verkäufer zu Ehrlichkeit in diesem Punkt. Bei Bauträgerverträgen sind Flächentoleranzen von 2-3% ohne Kaufpreisrelevanz durch die Rechtsprechung anerkannt, mehr jedoch nicht. Bei Bestandsimmobilien gibt es solch klare Vorgaben nicht, insbesondere wenn nicht ein Verbraucher kauft, sondern ein Profi. Gerade bei Altbauten weiß man das auch nie so genau, wenn es nicht ein aktuelles und vollständiges Aufmaß gibt. Die Rechtsprechung des BGH im Mietrecht lautete lange Zeit so, daß Flächenabweichungen von bis zu 10% noch nicht aus sich heraus ein Mangel sind. Dabei ist zu bedenken, daß sich die Regeln, nach denen aufgemessen wird, im Zeitablauf wandeln und in der Vergangenheit gewandelt haben. Alte Flächenermittlungen (oder Schätzungen) wurden ggf. Jahrzehnte in immer wieder neue Mietverträge fortgeschrieben, ohne zwischenzeitliche Prüfung. Den richtigen Schwellenwert für einen Kaufvertrag zu finden ist daher mitunter nicht ganz trivial, wobei ich als Notar in der komfortablen Position bin, nur das Verhandlungsergebnis der Parteien in die Urkunde übernehmen zu müssen.

Besonderheiten betreffend die Mieterschaft liegen - abgesehen von ggf. familiären Aspekten, siehe oben - selten vor. Hier regeln wir im Vertrag meist den Umgang mit konkreten säumigen Mietern und Vollmachten an den Käufer zur Durchführung von Mieterhöhungen oder Arbeiten im Objekt sowie Behördenvollmachten.

Beauftragung und Abläufe

Wenn Sie sich einig sind, können Sie mir über das Formularcenter hier auf der Webseite alle erforderlichen Daten zu den Vertragsparteien, dem Objekt und dem Vertrag übermitteln und einen Beurkundungsauftrag auslösen. Wir können die so bereitgestellten Daten 1:1 in unsere Software übernehmen und deshalb sehr zeitnah einen ersten Vertragsentwurf an Sie übermitteln - häufig noch am gleichen Tag oder am Folgetag nach Auftragserteilung. Betreffend den Beurkundungstermin richte ich mich nach Ihnen, wobei bei Verträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher zwischen Entwurfsversand bis zum Beurkundungstermin (gemäß § 17 Abs. 2a BeurkG) zumindest eine 14tägige Wartefrist einzuhalten ist.

Tobias Scheidacker
Notar

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